Förderkreis Stertzingorgel in Büßleben e.V.

Verein zur Erhaltung der denkmalgeschützten Stertzingorgel als Kulturgut
und die Förderung deren kultureller Nutzung in der St. Petrikirche Büßleben



Zur Restaurierung der Orgel

Bedeutung

Als namhafte Organologen, Musikwissenschafter, Bachforscher und Historiker im Vorfeld des Bachjahres 2000 überlegten, welche Orgel denn am meisten dem Klangideal Johann Sebastian Bachs entsprochen haben könnte, fiel die Wahl auf diejenige Disposition, die Johann Christoph Bach zusammen mit dem Orgelbauer Georg Christoph Stertzing 1696 für die Eisenacher Georgenkirche entworfen hat. Diese Disposition wurde für die Leipziger Thomaskirche, an welcher J.S. Bach 27 Jahre seines Lebens wirkte, nachgebaut. Damit rückte der Orgelbauer Georg Christoph Stertzing erneut in das Blickfeld der Fachwelt.
Die Orgelbauerfamilie Stertzing hat mehrfach berufliche Berührungen mit der Bachfamilie gehabt. Leider ist nur eine einzige Orgel von G.Chr. Stertzing (gest.1717) erhalten geblieben und das durch Zufall.

Restaurierung

Die Kirchengemeinde Büßleben hat sich die Restaurierung der wertvollen Orgel zum Ziel gesetzt, eine Aufgabe, die nicht hoch genug zu veranschlagen ist, wird durch diese Restaurierung doch ein einzigartiges Dokument des mitteldeutschen Orgelbaus um 1700 für die Nachwelt erhalten bleiben. Schon in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts gab es klangliche Veränderungen an der Orgel. Für den technischen Bereich können Änderungen nicht eindeutig nachgewiesen werden, sind jedoch nicht völlig auszuschließen. Für die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts lassen sich weitere klangliche und mit Sicherheit auch technische Veränderungen nachweisen. Wie ein roter Faden ziehen sich klangliche und technische Arbeiten durch bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts, die dieses Instrument fast bis zur Unkenntlichkeit veränderten.

Windladen

Vier von sechs Windladen lassen sich eindeutig auf das Entstehungsjahr 1702 datieren. Erheblicher Wassereinbruch, Dispositionsveränderungen und Substanzverlust an Stöcken, Rastern und Schleifen brachten die Windladen an den Rand ihrer Verwendungsfähigkeit. Nur durch komplettes Zerlegen der Laden, verbunden mit einer aufwändigen Restaurierung aller Einzelteile ist es gelungen, die noch vorhandene Substanz zu erhalten. Durch mittiges Auftrennen der Windladenstöcke gelang der Erhalt von Schleifen- und Stockbohrungen und damit auch der Beweis für eine andere als von Jacob Adlung veröffentlichte Disposition.

Pfeifenwerk

Bis zu vier verschiedene Beschriftungen auf dem Pfeifenwerk deuten auf ein reges Verschieben aller Pfeifen auf den Windladen. Aufwändiges Untersuchen aller Pfeifen brachte ein überraschendes Ergebnis zu Tage. Von den 28 Registern lassen sich 25 Register durch eine, mehrere oder fast vollständige Pfeifenanzahl belegen. Die sehr sorgfältig durchgeführte Restaurierung aller Holz- und Metallpfeifen sowie die Rekonstruktion der fehlenden Pfeifen bringt uns klanglich einen sehr wichtigen Teil thüringischer Orgelbaukunst zurück. Dabei sind das Ausdünnen der Metallpfeifen sowie die richtige Legierung des Orgelmetalls eine absolute Voraussetzung.

Technische Anlage

Auch im Bereich der technischen Anlage sind viele Veränderungen vorgenommen worden, die aber nicht alle auf den Zustand von 1702 zurückgeführt werden konnten. Mit der Neueinteilung der Register im Spieltisch sind auch die Registerwellen verändert und erneuert worden. Vier der 28 Wellen sind erhalten geblieben und dienten als Vorlage für die Rekonstruktion. Geschmiedete Eisenärmchen vermitteln uns nun wieder den Anblick einer sehr rustikalen Registeranlage.

Ausblick

Eine breite Diskussion ist gegenwärtig durch die Presse gegangen über die Frage, für welche Lösung man sich denn beim Orgelneubau in der Frauenkirche zu Dresden entscheiden soll: reine „Silbermann“-Orgel oder Kompromissorgel? Derartige Fragen standen in Büßleben überhaupt nicht zur Debatte. Hier ist durch die Restaurierung ein orgelgeschichtlich wichtiges, authentisches Instrument von überregionaler Bedeutung entstanden, von dem man weiß, dass es dem Klangideal Bachs entsprach. Die Orgellandschaft Thüringen wird durch diese Restaurierung maßgeblich bereichert. Deshalb werden sich Fachspezialisten aus aller Welt einfinden, um diese Orgel zu hören und zu spielen. Ihre Einbeziehung in die Praxis wird weit über den gottesdienstlichen Gebrauch hinausgehen, denken wir nur an die Einrichtung eigener Konzertreihen oder an die Einbeziehung der Orgel in die Konzerte der Thüringer Bachwochen, des Thüringer Orgelsommers, der Thüringischen Orgelakademie sowie des Musikfestes „Güldener Herbst“.

(c)Klaus Michael Schreiber